2023
Ausstellung
Buntes + Unbuntes
Auf dem Plakat schweben sie, in der Ausstellung stehen zwei Schuhe aus Styropor, die zeigen, was läuft. Der eine ist in vielen Farben bemalt mit Kreisen, Ecken und Linien-Mustern. Auf dem anderen sind ebenfalls viele Formen, nur kleiner und in Schwarz-Weiß. Der eine steht für die bunten Bilder von Joachim Knorr. Der andere für die unbunten von Anita Bauer, beide KulturWerks-Mitglieder, die für „Buntes und Unbuntes“ zusammengekommen sind.
Der Unterschied? Kleine Farbtheorie vorweg. Buntes=Farbiges dürften die Augen des normalen Betrachters klar vor sich haben: Alle Grundfarben Gelb, Rot, Blau, die mit Schwarz und Weiß gemischt werden können, also alle Farben samt Schattierungen. Als unbunt gelten Schwarz-Weiß, bei manchen auch Grau, weil sie keinen Farbton und keine Sättigung aufweisen. Ob Schwarz und Weiß nun Farben sind oder nicht, ob sie „farblos“ genannt werden dürfen, darüber streiten sich die Experten, ganz ohne Diskriminierungsabsichten.
Anita Bauer hat ihre eigene Definition des „Unbunten“ gefunden. Für die Rahlstedter Künstlerin sind es ihre Werke in nur einer Farbe + Untergrund. Mit dem Einfarbigen möchte sie einen Kontrast setzen zu den allgegenwärtigen „Farbüberflutungen“. Ihre Radierungen, Kaltnadel-Ätzungen und Tuschearbeiten stehen im „starken Gegensatz zur immer greller, farbiger und künstlicher erstrahlenden Welt“, sagt sie. Bauer zeichnet und malt unter anderem mit dem interessanten Material Moorlauge, einer Farbe, die aus abgestorbenen Pflanzen hergestellt wird und einen ganz besonderen Ausdruck hat. Das führt indirekt zu einem sehr berührenden Bild der Ausstellung aus ihren frühen, den 1960er Jahren. „Heimweh“ entstand nach einem Besuch in Amsterdam in einer Bar. Der traurige schwarze Mann, der ununterbrochen dieselbe Schallplatte mit afrikanischer Musik hörte, ließ sie nicht mehr los.
Joachim Knorrs Palette hingegen hat viele Farbtöne, die auf seinen Aquarellen und Acrylbildern leuchten. Auch bei ihm stößt der Besucher auf einen interessanten Menschen, der im Wald liegt. Ob er sich versteckt? Ist er ein Einsiedler? Ein Flüchtling? Oder ein „Waldeslust“iger, wie der Titel andeutet? Am besten selbst ansehen und herausfinden.
Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag, Samstag 11 bis 14 Uhr
Literatur, Musik und Tanz
Klopstock, Heine, Lenz & Co
KulturWerk und die Ev.-Luth. Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt starten ein kleines Gewitter – zumindest für einen Abend. Mit Lesungen, Musik und Ballett zeigen sie „blitzlichthaft“ ein „Stück Hamburger Geistesgeschichte“ mit Texten von Klopstock bis Lenz und Musik von Bach über Beatles bis Udo Lindenberg. Zur Aufführung kommen Schriftsteller und Musiker, welche die Stadt in irgendeiner Weise prägte oder die in Hamburg lebten.
In der Martinskirche spielen die Musikformationen des KulturWerks, „TrioTreibgut“ und „Duo Faltenreich“. Zwischendrin tanzt das Ballett der Schule INROT aus Wandsbek. Stephan Zörnig, Vorsitzender des KulturWerks Rahlstedt initiierte zusammen mit Matthias Marks, Pastor der Martinskirche diese blitzartige, erhellende Verbindung zwischen Kirche und Kultur.
Lesung
Und sie sagten ein einziges Wort — Lesung der Autorengruppe 10/17
Was haben ein vergilbter Hocker, eine blaue Perle, eine Bahnfahrt, Route 66 und endlos langes Warten miteinander zu tun? Bevor der Kopf an Fantasien zerbricht – das ist schon geschehen -, hier des Rätsels Lösung: Es sind allesamt spannende Elemente aus Geschichten der Gruppe 10/17. Was das nun wieder heißt? Die Zahlen weisen auf die Gründungsdaten der 5-köpfigen Autorengruppe, die sich seit 2017 jeden Monat ein neues Thema zum Schreiben vornimmt. Das kann alles, nur nicht nichts sein: Ein Hocker eben oder Rocker oder Tiefergehendes wie Bombardierungen, Bestattungen, Beziehungskisten. Manchmal ist es nur ein Wort, ein Impuls, aus dem die Kurzgeschichten entstehen.
So brachte das Thema „Warten“ KulturWerkerin Isabel Kaestner-Bollweg, im richtigen Leben Grafik-Designerin, auf (un)geduldige Überlegungen zum Sonntag wie zum Schulbus, der immer zu früh weg ist. Bei Erika Hillmann geht es um einen Banküberfall, der misslingt, und bei Kay Ingwersen um eine Liebesgeschichte, die vielleicht gar keine ist. Wer wissen will, wie das Warten und all die anderen Geschichten ausgehen, der sollte hingehen zur Lesung von 10/17.
Die Autoren im richtigen Leben:
Erika Hillmann, Sozialpädagogin, die in ihren Geschichten immer menschlichen Träumen und Enttäuschungen nachspürt.
Kay Ingwersen, Journalist, der seinen Protagonisten auf ihrem Weg immer einen Schimmer Hoffnung mitgibt.
Isabel Kaestner-Bollweg, Grafik-Designerin und Künstlerin, die immer einen Blick auf beste grafische Erscheinungsbilder hat.
Angelo Wehrli, der sich Hard-Rockern und Kriminellen verschrieben hat. Das eine ist er selbst, das andere nicht.
Birgit Wolf, Modejournalistin, die über den normalen Wahnsinn des Lebens schreibt — witzig, pointiert und manchmal sentimental.
Film
Ein Recht auf Hoffnung – Zwischen Staub und Träumen
Film von Kindern über Kinder in Madagaskar Regie: Antonia Michaelis („Das Blaubeerhaus“)
Madagaskar gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Die Mehrheit der Menschen hat nicht das Nötigste zum Über-Leben. Am schlimmsten sind die Kinder dran in dem einstigen Naturparadies im Indischen Ozean, das durch Klimaschäden, Naturkatastrophen, Dürren und politisches Missmanagement immerweiter zerstört wird. Sie bekommen nicht genug zu essen, verhungern, sterben an Krankheiten. Kinder müssen schwer arbeiten, in Steinbrüchen, auf Feldern, sich prostituieren. Viele leben auf der Straße, betteln. Nicht einmal ein Drittel schließt die Grundschule ab.
Die Patenschafts-Organisation „Les Pigeons“ hilft, dass es einigen Kindern besser geht. Diejenigen, die kein Zuhause haben, können im Kinderhaus leben. In Schulen lernen sie nicht nur Lesen, sondern auch Lebens-Grundlagen wie Anbaumethoden, gesunde Ernährung, Kreativität. „Wissen und Selbstbewusstsein“ sollen sie bekommen, „damit die Kinder ihr Land eines Tages selbst besser machen können – denn sowas muss von innen kommen“, sagt Antonia Michaelis, Projektleiterin, Fundraiserinund erfolgreiche Kinderbuchautorin. Der Großteil ihres Verdienstes fließt direkt nach Madagaskar. Sie erreichte, dass der Oetinger-Verlag, für den sie schreibt (z.B. „Das Blaubeerhaus“, „Der Koffer der tausend Zauber“), das zweite Schulgebäude stiftete.
Michaelis leitete auch in die Wege, dass Schülerinnen und Schüler der Janusz–Korczak-Schule in Wolgast „Les Pigeons“ besuchten und daraus ein Film entstand. Unter ihrer Regie drehten deutsche und madagassische Kinder eine Dokumentation über ihr Zusammenleben. In acht Geschichten „zwischen Staub und Träumen“ erzählt der Film bei allem Elend auch das, was alle Kinder überall auf der Welt tun — miteinander sein und spielen.
Michaelis, madagassische Lehrer und Jugendschauspieler begleiten den Film im KulturWerk und beantworten Fragen.
Ausstellung
Eiszeit. Feuerzeit. Traumzeit
„Sich zeigen ohne Sprache“, das heißt für Fahima, Shireen, Safaa und die anderen geflüchteten Frauen: Bilder malen. Gelernt haben sie dieses neue Mittel, um sich auszudrücken, in dem Projekt von Kunsttherapeutin Marion Mirow. Ihre Bilder sagen das, was sie nicht in Worte fassen können: Die Erfahrungen mit Krieg, Zerstörung, Flucht und die Folgen – belastende traumatische Situationen, Gefühle, das Leben in einem fremden Land und immer auch Lichtblicke.
In der Ausstellung EISZEIT. FEUERZEIT. TRAUMZEIT im KulturWerk Rahlstedt trauen sich die Frauen der Öffentlichkeit auch zu zeigen, was sie beschäftigt. Mit EISZEIT weisen sie auf die „Kälte der Gesellschaft“. Die ausdrucksstarken Werke zum Thema FEUERZEIT beinhalten Vernichtung, Erdbeben, gepaart mit Wärme. Und in der TRAUMZEIT scheinen Wünsche und Visionen auf.
Seit 2017 treffen sich die Frauen, überwiegend Mütter, aus Afghanistan, dem Irak und Iran, Syrien, Tunesien, der Türkei und manchmal der Ukraine und aus Deutschland in einem Raum in einer Wohnunterkunft in Großlohe, inzwischen mehrmals die Woche. Sie malen an Tischen, ein Atelier mit Staffeleien haben sie nicht. Einige sind von Anfang an dabei, andere kommen nur zur Beratung. „Die Frauen haben sich kolossal entwickelt in vielerlei Hinsicht“, sagt Dipl.-Psychologin Mirow, die die Gruppe leitet, finanziert vom Internationalen Bund e.V. aus den SIN-Mitteln des Bezirks Wandsbek in Kooperation mit fördern & wohnen. „Am Anfang waren es Bilder wie von Kindern, alle meinten, sie könnten nicht malen.“ Das Malen bewirkte viel. Beim künstlerischen Tun verarbeiteten die Schaffenden Erlebnisse, erlangten Selbstbewusstsein, lernten miteinander Deutsch und das neue Zuhause auch durch Ausflüge kennen. Inzwischen engagieren sie sich selbst in ihrem Viertel. Safaa betreut Kinder. Shireen wirkt mit beim Frauenfrühstück im Kinder- und Familienzentrum (KiFaZ) und unterstützt mit Übersetzungen, ebenso wie Fahima, die den Frauen überdies Gutes tut mit kleinen Schmink- und Schönheitstipps.
Ihr Gesicht möchten die meisten Künstlerinnen allerdings nicht gerne zeigen auf Fotos und Videos. Mit Rücksicht auf ihre Familien soll es verborgen bleiben, wie der Nachname. Ihre Bilder sollen für sie sprechen.
Vernissage: 5. April, 16 Uhr
Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag Samstag 11 bis 14 Uhr